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Mit Plan B ins Medizinstudium

Medizinstudium – Was tun, wenn der NC zu hoch ist

Plätze für ein Medizinstudium sind heiß begehrt und ziemlich rar. Deswegen erhalten die meisten Bewerber eine Absage. Wir stellen Möglichkeiten vor, wie es mit dem Traumberuf Arzt trotzdem noch klappen kann.

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Da stand sie, die 2 vor dem Komma. Was für viele ein guter Abischnitt ist, bedeutete für Marie den Abschied von einem Traum. Zumindest vorerst. Denn die heute 22-Jährige hatte sich fest vorgenommen, Ärztin zu werden. Doch wer in Deutschland einen Studienplatz fürs Medizinstudium ergattern will, muss entweder in der Schule ein echter Überflieger gewesen sein oder aber Sitzfleisch haben. Der aktuelle Numerus clausus liegt je nach Bundesland zwischen 0,9 und 1,4. Die durchschnittliche Wartezeit für diejenigen, die das nicht schaffen, beträgt 13 Semester. Aufgeben kam für Marie trotzdem nicht infrage, als sie die Absage der Stiftung Hochschulstart aus dem Briefkasten fischte. Irgendein Weg wird sich schon auftun, dachte sie. 

Medizinnahe Ausbildung

Entschieden hat sie sich dann erst mal für eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Nicht nur, weil ihr das Wartesemester für das Medizinstudium einbringt, sechs an der Zahl. Maries* Plan B verschafft ihr darüber hinaus ganz konkrete Vorteile für ihre Zukunft als Ärztin: "Zum einen lerne ich in der Krankenpflegeschule schon vieles, was später auch im Studium eine Rolle spielt, etwa Anatomie oder Krankheitslehre. Zum anderen sammele ich Erfahrungen im Umgang mit den Patienten." Ein weiterer Pluspunkt: Viele Hochschulen ziehen bei der Auswahl ihrer Medizinstudierenden neben Abiturnote und Wartezeit auch noch zusätzliche Kriterien heran, zum Beispiel berufliche Vorerfahrung. Hat ein Bewerber bereits eine medizinnahe Ausbildung absolviert, kann das letztlich den Unterschied ausmachen. 
(* Marie heißt eigentlich anders. Hier will sie jedoch anonym bleiben, um ihre Chancen auf eine Übernahme als Pflegerin in ihrem Krankenhaus nach der Ausbildung nicht zu gefährden,für den Fall, dass es mit dem Studienplatz noch etwas dauert.)

Ebenso wie eine medizinnahe Ausbildung, kann ein gutes Ergebnis im so genannten Medizinertest (weitere Infos dazu findest du weiter unten in diesem Artikel) den Unterschied zugunsten eines Bewerbers machen. Diesen will Marie, sobald sie ihr Pflegeexamen in der Tasche hat, auch noch ablegen. 

Im Ausland studieren

Eine andere Möglichkeit für Medizin-Interessierte, deren Abischnitt für ein Medizinstudium in Deutschland nicht ausreicht, ist der Weg über die Grenze. In Österreich etwa vergeben die Hochschulen 20 Prozent ihrer Medizin-Studienplätze an Bewerber aus dem EU-Ausland. Einen NC gibt es nicht. Allerdings muss jeder, der sich an einer staatlichen Hochschule bewirbt, den Standard-Aufnahmetest "MedAT" ablegen. Neben studienrelevantem Wissen werden darin auch kognitive Fähigkeiten und Textverständnis überprüft. Ähnlich verhält es sich in Polen, wie Julia Markowski berichtet. Sie packte 2006 ihre Koffer und begann ein Medizinstudium in Danzig. "Statt dem Abischnitt zählen hier die Ergebnisse aus einem Zulassungstest", erklärt die 26-Jährige. Wie an vielen Universitäten in Mittel- und Osteuropa kann man in Danzig Medizin auf Englisch studieren. Einige Hochschulen, zum Beispiel die Semmelweis Universität in Budapest, bieten sogar deutschsprachige Programme an.
Die Zulassungskriterien variieren, zudem fallen vielerorts hohe Studiengebühren an. "Dafür sind die Lebenshaltungskosten deutlich geringer als in Deutschland", erzählt Julia, die übrigens ein "Auslandssemester" in Düsseldorf verbracht hat. "In Deutschland gibt es mehr Vorlesungen, in Polen ist das Studium dagegen recht verschult, und man lernt in kleinen Gruppen", fasst sie ihre Erfahrungen aus beiden Ländern zusammen. 

Studienplatz dank Medizinertest

An vielen Universitäten kann man seine Chancen auf einen Studienplatz in Medizin durch ein gutes Ergebnis beim so genannten Medizinertest (TMS) verbessern. Allerdings sollte man sich schon vorher mit dem Aufbau des TMS und der Art der Aufgaben vertraut machen. Der Testentwickler, die Firma ITB Consulting, hat zu diesem Zweck ein Online-Vorbereitungsportal eingerichtet. Mehr Infos unter www.facebook.com/Medizinertest. 

Sanitätsoffizier werden

An einigen Hochschulen in Deutschland steht ein gewisses Kontingent an Medizinstudienplätzen für Sanitätsoffizieranwärter der Bundeswehr bereit. Sie verpflichten sich, mindestens 17 Jahre zu dienen, und durchlaufen neben dem Studium auch eine militärische Ausbildung zum Offizier. Wer sich bewirbt, muss sich einem mehrstufigen Auswahlverfahren stellen, in dem die charakterliche, körperliche und geistige Eignung überprüft wird. "Es zählt der ganze Eindruck des Bewerbers" erklärt Oberleutnant Marcel Loser, Leiter der Bundeswehr-Karriereberatung Köln, "allein am Abischnitt lassen sich die Chancen auf einen Studienplatz nicht festmachen." Nach dem Medizinstudium arbeitet man als Stabsarzt beispielsweise in Bundeswehrkrankenhäusern. Auch Auslandseinsätze gehören dazu. 

Arztassistent werden

Relativ neu in Deutschland ist der Studiengang Arztassistent. Seit 2010 kann man etwa an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) ein Studium zum "Physician Assistant" absolvieren. Dieses richtet sich an Personen mit bereits abgeschlossener Pflegeausbildung und vermittelt neben einer akademischen Vertiefung von medizinischen Grundlagenfächern wie Anatomie oder Physiologie auch administrative und basisärztliche Fähigkeiten. "Physician Assistants unterstützen das ärztliche Team mit ihren speziellen Kompetenzen und Fähigkeiten", erklärt Studiengangsleiter Prof. Marcus Hoffmann von der DHBW. "Sie übernehmen zum Beispiel gemeinsam mit dem Facharzt das Stationsmanagement, können kleinere Eingriffe wie das Versorgen einer Platzwunde durchführen und assistieren bei Operationen." Um dieses Medizinstudium beginnen zu können, muss ein Ausbildungsvertrag mit einer Partnerklinik vorliegen, in der die praktische Ausbildung größtenteils stattfindet. Auch die Mathias Hochschule Rheine bietet ein Studium zum Arztassistenten an. Eins steht also fest: Auch mit einem Zweier-Abitur muss man seinen Traum, irgendwann als Arzt zu arbeiten, nicht direkt begraben. Auf einen baldigen Studienplatz hofft nun auch Marie, die sich am Ende der Pflegeausbildung in ihrem Berufswunsch bestätigt fühlt. Selbst die Fachrichtung, in die sie später gehen will, kennt sie schon: "Die Neurotraumatologie fasziniert mich am meisten", schwärmt sie.