Als Frau Informatik studieren
"Professoren erkennen mich gleich wieder"
Das Studium an sich ist bereits eine große persönliche Anstrengung. Nicht nur, weil die Abläufe durch den Bologna-Prozess gestrafft wurden, sondern auch, weil die Kombination aus Präsenzstudium, häuslichem Lernen, Praktika und Jobben eine echte Fulltime-Beschäftigung ist, die vielfach nicht einmal Raum für eine Partnerschaft lässt. Doch was, wenn zu dieser Herausforderung noch ein Kind kommt? Wir geben dir nützliche Tipps rund um das Thema Studieren mit Kind und verraten dir außerdem, wie es mit dem Mutterschaftsgeld als Studentin aussieht, ob du als alleinerziehende Mutter Anspruch auf BAföG hast und wie es mit der Elternzeit während des Studiums aussieht.
Für die meisten jungen Menschen und vielleicht auch für dich stellt der Weg ins Erwachsenenleben idealerweise eine Abfolge einzelner Schritte dar:
1. Grundschule
2. weiterführende Schule
3. Oberstufe
4. Studium
5. der erste Beruf
Erst wenn diese Schritte absolviert wurden, also die berühmten „geregelten Verhältnisse“ herrschen, kommt oft die Familienplanung ins Spiel: feste Beziehung, gemeinsame Wohnung und der Nachwuchs. So zumindest sieht für viele Studierende das Idealbild aus. Verständlich, denn auf diese Weise kann jedem Schritt die maximale Aufmerksamkeit zuteilwerden.
Allerdings gibt es auch viele Studierende, bei denen es anders aussieht. Bei ihnen erfolgte jener letzte Schritt schon vor oder auch während der Uni. Tatsächlich ist das Studieren mit Kind keine Randerscheinung. Das Deutsche Studierendenwerk fand bei seiner jüngsten Sozialerhebung Folgendes heraus:
Besonders interessant für die Einordnung ist eine weitere Zahl: Denn bei der Mehrheit der Eltern, die mit Kind studieren, handelt es sich nicht um typische Twens; vielmehr liegt der Altersschnitt von 35 Jahren elf Jahre über dem der kinderlosen Studierenden.
Das zeigt dir auch zwei weitere Dinge auf:
1. Der Großteil der studierenden Eltern hat tatsächlich die genannte Schritt-für-Schritt-Abfolge eingehalten, allerdings in anderer Reihenfolge.
2. Der Trend geht definitiv in Richtung spätes Studium, wenn die „geregelten Verhältnisse“ bereits herrschen; das siehst du in der großen Anzahl (90 Prozent) der verheirateten bzw. fest verpartnerten Eltern an Hochschulen oder Universitäten.
Vor allem aber gibt es dir auch einen starken Hinweis darauf, dass es den typischen Studienverlauf eigentlich nicht (mehr) gibt. So, wie die Zahlen der Hochschulbesucher:innen in den vergangenen Jahren stark stiegen, nahmen die darin vertretenen Lebensentwürfe ebenfalls zu – denn Hochschulen waren und sind natürlich stets auch ein Spiegel der restlichen Gesellschaft. Wenn dort immer mehr Vielfalt herrscht, ist es normal, dass sich das auch auf die Hörsäle überträgt.
Im Durchschnitt sind studierende Eltern zwar „ältere Semester“, das heißt aber natürlich nicht, dass es in der klassischen Altersgruppe der Studierenden (also Anfang 20) keine Eltern gäbe. Bei deren Kindern handelt es sich keineswegs übergreifend um ungeplanten Nachwuchs. I
Im Gegenteil: viele studierende Jung-Eltern haben sich ganz bewusst dafür entschieden, mit Kind zu studieren. Denn die zweifellos anstrengende Aufgabe, Hochschule und Kind unter einen Hut zu bringen, ist nur ein Faktor von vielen.
Studium mit Kind: Vor- und Nachteile
Du glaubst, zwischen Vorlesungen, Seminaren und Prüfungen noch ein Kind zu erziehen, wäre nur mit Nachteilen verbunden? Das stimmt nicht, vor allem dann, wenn du das Gesamtbild inklusive deiner Lebenszeit betrachtest:
Vorteile:
Nachteile
Auch solltest du die Auswirkungen auf das Zwischenmenschliche nicht vergessen. Junge Elternpaare sind in aller Regel noch nicht so lange zusammen, haben noch nicht eine so gefestigte Beziehung. Gerade wegen der Doppelbelastung kann ein Kind zum Trennungsgrund werden, auch wenn die Zahl der Alleinerziehenden in den jungen Alterskohorten sich seit den Neunzigern reduziert hat.
Planung, Ungeplantheit und der Umgang damit
Kinder, die nach dem Studium geboren werden, sind in der Mehrzahl Wunschkinder. Und natürlich gibt es auch junge Studierende, die aktiv diese Entscheidung fällen. Jedoch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass zumindest in der Wahrnehmung die meisten Kinder von Studierenden ungeplanter und ungewollter Natur sind.
Zunächst: Das ist tatsächlich weitgehend nur ein Irrglaube. Die Universität Hof hat sich umfangreich mit dem Thema befasst und fand heraus, dass nur für 18 (Frauen) respektive 17 Prozent das erste Kind während des Studiums ungewollt war. Die große Mehrheit wollte das Kind – wenngleich sich das Gefühl bei manchen erst mit der Zeit einstellte.
Doch einmal angenommen, du bist mitten im Studium und es wird klar, dass sich Nachwuchs ankündigt. Wie solltest du bzw. ihr dann vorgehen? Einige Tipps:
Redet zudem ergebnisoffen über euch als Beziehungsmenschen. Das gilt insbesondere, wenn die Schwangerschaft das Ergebnis eines unverbindlichen One-Night-Stands ist. Ihr müsst nicht zum Liebespaar werden, aber ein Kind wird euch lebenslang in gewisser Hinsicht aneinanderbinden.
Du hast nun einen Eindruck über studierende Eltern bekommen. Doch wie stellt sich das in der Praxis dar? Konkret: Welche Hilfen (z. B. Elterngeld für Student:innen) gibt es und wie lässt sich das alles managen? Darüber erfährst du in den folgenden Kapiteln mehr.
Hochschulen und Familienförderung
Wie bereits aufgezeigt, stellen studierende Eltern keine verschwindende Minderheit dar. Du darfst also davon ausgehen, dass es an vielen Hochschule dazu passende Angebote gibt.
Zudem sei dir dringend angeraten, dich mit anderen Eltern während deiner Zeit im Studium auf dem Campus zu vernetzen – egal was sie studieren. In erster Linie natürlich für den Informationsaustausch. Aber daneben auch, weil sie die Situation wie niemand anderes verstehen und so vielleicht auch als Schulter zum Anlehnen taugen.
Die finanzielle Situation: Elterngeld und Mutterschaftsgeld für Student:innen
Bei den meisten Studierenden ist die finanzielle Situation oft nicht rosig. Für (junge) studierende Eltern hingegen ist die Situation häufig sogar prekär, das heißt sie müssen am Ende des Monats schauen, ob das Geld für alles Notwendige reicht.
Von zentraler Bedeutung ist deshalb, dass du dich mit den dir zur Verfügung stehenden Hilfen auseinandersetzt. Hier eine kleine Liste dessen, was für dich infrage kommen könnte:
Außerdem solltest du dich über Stiftungen informieren, die Unterstützung anbieten. Unter anderem die Heinrich-Böll- und die Konrad-Adenauer-Stiftung haben eigene Förderprogramme für junge, studierende Eltern. Anfragen solltest du in jedem Fall.
Wichtig: Falls du als alleinerziehende Mutter (oder Vater) BAföG beziehst, sprich das Thema unbedingt beim Studierendenwerk an. Zum einen, weil es einen Kinderbetreuungszuschlag gibt und zum anderen, weil BAföG in der Schwangerschaft nur für höchstens drei Monate weitergezahlt wird, wenn das Studium unterbrochen wird.
Versicherung und Co.
Du bist im Rahmen deines Studiums (auch während der Elternzeit) krankenversichert, ganz gleich ob gesetzlich (GKV) oder privat (PKV). Das ist besonders in der GKV unproblematisch, da du als junger Mensch unter 25 in Ausbildung sowieso kostenlos über deine Eltern versichert bist. Allerdings gibt es auch noch andere Konstellationen und zudem spielt deine Zukunft eine Rolle.
Somit ist auch eine Versicherung in der PKV zu überlegen. Sie ist für Studierende unter mehreren Voraussetzungen eine gute Wahl – etwa, wenn du eine Beamtenlaufbahn oder eine Selbstständigkeit anstrebst oder auch über deine Eltern bereits privat versichert bist.
Aber: Mit Kind musst du hier umdenken. Denn in der PKV wird der Nachwuchs, auch wenn du studierst, nicht automatisch mitversichert; du musst ihn also zusätzlich versichern.
Eine einfache Lösung gibt es hier leider nicht, dazu hängen die Vor- und Nachteile von PKV und GKV in diesem speziellen Fall zu sehr von deinem Alter, Familienstand, Einkommen und den späteren Berufswünschen ab.
Deshalb: Lass dich zu dem Thema beraten, lass dir vor allem Beispielrechnungen zeigen und entscheide erst dann, wie es versicherungstechnisch weitergehen wird. Das ist definitiv kein Thema, das du übers Knie brechen und aus dem Bauch heraus entscheiden solltest – nicht nur, weil selbst ein normalgesundes Baby wesentlich häufiger den Arzt sehen wird als du es vermutest.
Bislang stehst du vielleicht morgens zu einer Uhrzeit auf, wie es der Beginn der ersten Vorlesung diktiert – du bleibst also mitunter auch einfach noch ein Stündchen liegen.
Teilst du jedoch deine Studentenwohnung mit einem Baby, wird dieser Punkt völlig anders verlaufen. Dann nämlich diktiert der Appetit- und Schlafrhythmus deines Nachwuchses, wann du das Bett verlässt.
Ganz generell musst du dich als studierender Elternteil darauf einstellen, dass in den 24 Tagesstunden viele Details rund um dein Kind herum zu planen und zu organisieren. Dabei ist es immens wichtig, dich umfassend mit dem Betreuungsthema zu befassen. Es geht einfach nicht ohne jemanden, der im Notfall auch spontan auf das Kind aufpasst.
Hier einige wichtige Tipps für den Alltag mit Kind neben dem Studieren:
Wenn es nicht mit einer Hausarbeit klappt, weil dein Nachwuchs die Masern hat, wenn du vor Klausuren kein Auge zubekommst, weil das Kind zahnt, dann zögere nicht, sondern sprich mit deinen Professor:innen. Sie haben selbst im umfangreichen Studienreglement häufig noch viele Entscheidungsfreiheiten – etwa, dir einen späteren Abgabetermin zu ermöglichen.
Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als den Versuch, ein Studium mit einem Babybauch, einem Säugling oder Kleinkind zu bewältigen. Allerdings wäre es völlig falsch, jedem davon abzuraten. Denn es gilt auch umgekehrt, dass wir heute in einer Zeit leben, in der studierende Eltern immer mehr zur Regel werden. Schon allein deshalb, weil Jahr für Jahr mehr Menschen an den Hochschulen eingeschrieben sind.
Auch mit staatlicher finanzieller Unterstützung wie dem Elterngeld für Student:innen und dem Mutterschaftsgeld kannst du rechnen. Dies erleichtert dir das Studieren mit Kind wesentlich, und du kannst dich auf die anderen, wichtigen Aufgaben als frisch gebackener Elternteil konzentrieren.
Auf die leichte Schulter nehmen kannst du das Thema keinesfalls. Dazu wird der Alltag in aller Regel zu stressig. Aber wenn du (und der andere Elternteil) dir dieser Tatsache vollends bewusst bist, ist einer der wichtigsten Parts bereits geschafft.
Darüber hinaus wirst du jedoch vielfach feststellen, dass das Studium mit Kind nicht nur manchmal einfacher ist als gedacht, sondern dass es tatsächlich viele Vorteile ins Feld führen kann. Wie bei allem im Leben so gilt auch hier, dass die Realität sich oftmals nicht an die Pläne hält, die wir im Geiste aufgestellt haben. Das muss nicht zwangsläufig schlecht sein – das wirst du spätestens mit einem Abschluss in der Tasche feststellen, wenn dir bewusst wird, dass du dafür mehr geleistet hast als 92 Prozent aller Studierenden in Deutschland. Und das ist nicht minder eine Auszeichnung, als zu den Jahrgangsbesten zu gehören.
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