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Das Zentralabitur

Einheitliche Abi-Prüfungsaufgaben für mehr Chancengleichheit, dafür steht das Zentralabitur. Immer wieder ist das Zentralabi Thema bildungspolitischer Debatten. Worum es genau geht? Wir klären dich auf.

  • Jedes Bundesland regelt seine bildungspolitischen Themen selbst, das gilt auch für das Zentralabi.
  • Die gemeinsame Konferenz der Bildungsminister der Länder (KMK) erarbeitet die Prüfungsanforderungen der Abiprüfungen.
  • Seit 2017 gibt es ein bundesweites Zentralabi mit einem gemeinsamen Aufgabenpool für 4 Fächer: Mathe, Deutsch, Englisch und Französisch.
  • Das Zentralabitur ist wegen der unterschiedlichen Länderregelungen immer noch weit entfernt von Einheitlichkeit.
  • So sehen die Durchschnittsabinoten im Ländervergleich aus: im Norden ist der Schnitt schlechter als im Süden.


Vielleicht hast du die Entwicklung rund um das Zentralabi ja selbst mitbekommen? Seit vielen Jahren ist es immer wieder Thema bildungspolitischer Debatten. Wie kann es sein, so kritisieren vor allem Eltern, dass Studienplätze nach Abiturnoten vergeben werden, diese aber je nach Bundesland so unterschiedlich ausfallen? Abinoten müssten vergleichbar sein. Die Rahmenbedingungen der Länderabiture, so die Kritik, sei intransparent und ungerecht und ein bundesweites Zentralabi daher dringend notwendig. Es hat sich zwar etwas getan, von einem bundesweit einheitlichen Zentralabi ist man allerdings noch weit entfernt.

Das Zentralabitur

In Deutschland werden bildungspolitische Themen auf Landesebene geregelt, das gilt natürlich auch für das Abitur. Das Zentralabi gibt es nicht erst seit gestern, es hat eine lange Tradition. In Bayern werden die schriftlichen Abituraufgaben schon seit 1854 zentral vom Ministerium gestellt. Bis 2017 galt: Jedes Bundesland, ausgenommen Rheinland-Pfalz, führt sein eigenes Zentralabitur mit eigenen Aufgaben durch. Die Aufgaben beruhen auf den Bildungsstandards, auf die sich alle Bundesländer für die gymnasiale Oberstufe 2014 geeinigt haben. Auch die Lehrer deiner Schule haben dazu entsprechende Fortbildungen erhalten.

Schreibst du als Abiturient der gymnasialen Oberstufe in NRW also beispielsweise deine Abiklausur im Musik Leistungskurs, gilt das auch für alle anderen NRW-Schüler mit LK-Fach Musik. Sowohl in den Leistungskursen als auch in den Grundkursen erhalten alle Abiturienten desselben Bundeslandes zur gleichen Zeit die gleichen Aufgaben.

KMK – eine Behörde für das Zentralabi

Für mehr als 40 Abiprüfungsfächer hat die Kultusministerkonferenz (KMK) - die gemeinsame Konferenz der Bildungsminister der Länder - einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung erarbeitet. Diese werden ständig weiterentwickelt und angepasst. Konkret heißt das, dass dir aus drei Aufgabenfeldern (sprachlich-literarisch-künstlerisch, gesellschaftswissenschaftlich und mathematisch-naturwissenschaftlich-technisch) durch das Kultusministerium deines Bundeslandes einheitliche Aufgaben gestellt werden, oder aber dass die Lehrer deiner Schule individuelle Aufgaben stellen, die dann von der zuständigen Schulaufsichtsbehörde genehmigt werden müssen.

2012 einigte sich die KMK aller 16 Bundesländer in einem Beschluss auf einheitliche Bildungsstandards für die allgemeine Hochschulreife. 2017 war es schließlich so weit: Erstmals gab es ein bundesweites Zentralabitur mit einem gemeinsamen Aufgabenpool, allerdings nur mit einem Minimalkonsens, nämlich für vier schriftliche Abifächer. Von einem gleichen Abi für alle kann also immer noch nicht die Rede sein.

Das bundesweite Zentralabitur seit 2017

Hast du 2017 dein Abi gemacht? Dann gehörst du zum Jahrgang, in dem es erstmalig für alle Bundesländer ein Zentralabi mit einem gemeinsamen Aufgabenpool für die schriftlichen Abifächer Deutsch, Mathematik sowie die fortgeführten Fremdsprachen Englisch und Französisch gab. Seit 2017 können sich die Bundesländer für die Abiturprüfungen aus diesem gemeinsamen Aufgabenpool bedienen, ein "Zentralabitur light". Die Prüfungsaufgaben werden jedes Jahr aufs Neue von Experten aus allen Bundesländern entwickelt und die Schulen können dann darauf zugreifen. Koordiniert und geleitet wird der Pool vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität Berlin. Nach Ende der Abiprüfungen eines Jahrganges wird die Aufgabensammlung auf der Internetseite des IQB online gestellt, sodass du dir einen guten Eindruck davon machen kannst, welche Anforderungen beispielsweise in Mathe erforderlich sind. Bei deinem Zentralabi werden die Poolaufgaben übrigens nicht ausdrücklich als solche gekennzeichnet. Pro Fach werden dir in der Regel mehrere Aufgaben aus verschiedenen Aufgabenbereichen gestellt. Das Bundesland, in dem du wohnst, ist nicht verpflichtet, Aufgaben aus dem zentralen Pool zu stellen, sodass du letztendlich vielleicht doch nur Aufgaben aus dem Länderpool deines Landes bekommst. 

Zentralabitur – weit entfernt vom Abi für alle

Für alle anderen Fächer - also Musik, Bio oder Geschichte - gibt es keinen bundesweiten Aufgabenpool. Hier kann deine Schule weiterhin auf die zentralen Aufgaben des eigenen Bundeslandes zurückgreifen. Die Vereinheitlichung der Abistandards ist auch deshalb noch weit entfernt von Einheitlichkeit, da die bundesweiten Poolaufgaben für die vier Fächer von den Lehrern sowohl verändert als auch angepasst werden können.

Ebenso nutzt nicht jedes Bundesland den Aufgabenpool in gleicher Weise: 2019 beispielsweise hat die Freie Hansestadt Hamburg alle Mathe-Aufgaben aus dem bundesweiten Aufgabenpool entnommen, während Baden-Württemberg nur 10 Prozent daraus entnahm. Vom Einheitsabi kann auch deshalb nicht die Rede sein, da sich deine gesamte Abinote gerade einmal zu einem Drittel aus der Abiturprüfung zusammensetzt, während zwei Drittel aus den Noten der Qualifikationsphase berechnet werden. Und selbst bei dieser Berechnung kommen die Noten wieder ganz unterschiedlich zustande: Mal zählen Kurse doppelt, dann wieder nicht. Mündliche Prüfungen werden von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gewertet und in manchen Bundesländern können Schüler ihre schlechten Kurse streichen, in anderen müssen alle Leistungen in die Wertung mit eingebracht werden.

Das Zentralabitur - Durchschnittsnoten nach Bundesländern

Die Auswertung der Abiturnoten im Ländervergleich mit den aktuellen Zahlen wird bei der Kultusministerkonferenz gesammelt. Ein Blick auf die Abi-Durchschnittsnoten der Bundesländer aus 2019 zeigt, dass das Abitur im Norden durchschnittlich schlechter als im Süden ausfällt. In Thüringen gibt es die höchste Quote von Abiturienten mit einer 1 vor dem Komma. Fast 37 Prozent der Abiturienten kommen auf eine Abi-Note zwischen 1,0 und 1,9. Niedersachsen schneidet im bundesweiten Vergleich am schlechtesten ab: die Abidurchschnittsnote lag hier bei 2,56. Im Vergleich dazu liegt Bayern bei 2,32. Nordrhein-Westfalen liegt mit 2,44 etwas unterhalb des Mittelfeldes. Aber wie aussagekräftig sind diese Zahlen eigentlich, wenn die Noten in den einzelnen Ländern so unterschiedlich zustande kommen? 

Fazit

Von einer einheitlichen Prüfungsregelung und damit einem chancengleichen Abi ist Deutschland noch weit entfernt. Daran hat auch das bundesweite Zentralabi bisher nicht viel geändert.