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Celinas Internationaler Freiwilligendienst: unerwartete Wendung

Celina Gries absolviert gerade einen Internationalen Freiwilligendienst in Australien. Im siebten Teil ihres Erfahrungsberichts erzählt die 18-Jährige, wie sie aufgrund des Coronavirus eine Reise nach Neuseeland absagen und vorzeitig nach Hause zurückkehren musste.

Nachdem ich mich an den neuen Arbeitsalltag gewöhnt und eine Routine entwickelt hatte, machten mir die Aufgaben in der Schule umso mehr Freude. Ich war glücklich, denn ich bemerkte, wie sich meine Sprachkenntnisse und mein Selbstvertrauen in meine Arbeit stets verbesserten. Ich hatte das Gefühl, angekommen zu sein.

Da bereits Anfang April unsere nächsten Ferien anstanden, planten wir eine Reise zum Inselstaat im südlichen Pazifik - Neuseeland. Wir organisierten den kompletten Roadtrip mit Mietwagen selbst. Das Vorhaben: innerhalb von zwei Wochen die gesamte Nord- und Südinsel zu erkunden. Neuseeland bietet landschaftlich alles, was man sich vorstellen kann und ist definitiv sehr weit oben auf der Liste der weltweit beeindruckendsten Länder. Gletscher, Vulkane, Geysire, Strände, Berge, weite Landschaften… traumhaft. Alles war perfekt vorbereitet. Doch bereits eine Woche später veränderte sich die komplette Situation … Das Corona-Virus hat auch Australien und Neuseeland erreicht. Jeder Einreisende nach Neuseeland war ab sofort zu zwei Wochen Quarantäne verpflichtet, bei Rückkehr nach Australien dann zu zwei Wochen Selbstisolation. Unser Fazit: vier Wochen Quarantäne und davon kein Stück vom Land gesehen zu haben, macht keinen Sinn. In kürzester Zeit mussten nun Flüge, Unterkünfte, Aktivitäten und Mietwagen storniert werden. Doch wo sollten wir nun unsere Ferien verbringen? In unserer Einsatzstelle wollten wir nicht bleiben. In Anbetracht der Situation wurden sämtliche Urlaubsziele zu unsicher. 

Nun ging alles ganz schnell

Vor einer Woche sind wir noch amüsiert in den Supermarkt gegangen und haben die leeren Toilettenpapier-Regale bestaunt. Doch nun ging alles ganz schnell. Die Hiobsbotschaften häuften sich: die Schule plante innerhalb der kommenden Tage die Schließung für unbestimmte Zeit. Absolute Ungewissheit und viele offene Fragen: Wo sollen wir dann leben? Ist die Verpflegung gesichert? Erhalten wir weiterhin Taschengeld? Einige europäische Staaten schlossen bereits ihre Grenzen und Australien plante ebenfalls ein Ein- und Ausreise-Stopp. Uns war von dem Moment an klar: wir können nicht länger hier bleiben und müssen so schnell wie möglich zurück nach Deutschland, bevor wir ohne Unterkunft hier festsitzen. Zwar gab es noch keinen bestätigten Corona - Fall in der Stadt oder in meiner Schule, wenn jedoch ein Test positiv ausfallen würde, müssten alle Schüler und Mitarbeiter für zwei Wochen in Quarantäne - auch wir. So wäre ein Rückflug ausgeschlossen. Selbst wenn ich in Australien bleiben würde, müsste ich mir selbst ein Betätigungsfeld suchen, aber welches und wo? Für mich absolut keine Alternative! Zudem schließt die Glennie School, meine Arbeitsstelle, bis Ende Mai. In diesen ungewissen Zeiten würde ich auch lieber bei meiner Familie sein.

Vom Verbleib im Gastland riet nun auch unsere Organisation mit dem Verweis ab, dass mit dem pandemiebedingten Programmende in den meisten Fällen sowohl die Krankenversicherung als auch das Visum erlösche… eine komplette Ausnahmesituation, die es in dieser Form noch nie gab! Nach unzähligen Telefonaten, Warteschleifen, Verzweiflung und Hoffnung, schafften wir es mit Hilfe unserer Organisation VIA e.V., einen Rückflug nach Deutschland zu finden. In den nächsten 72 Stunden packten wir das Nötigste, organisierten die wichtigsten Dinge und verabschiedeten uns von Lehrern, Schülern und Freunden. Die Angst, dass etwas schiefgehen könnte, blieb jedoch. Bei Flugstreichung könnten wir aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht wieder in die Schule zurück. Und was würde passieren, wenn wir beim Zwischenstopp in Dubai stranden?

Fehlende Sicherheitsmaßnahmen

Mit Masken und Handschuhen begaben wir uns am 19. März 2020 auf den Weg zum Flughafen Brisbane. Nach 14 Stunden Flug landeten wir in Dubai. Meine Erwartungen: strenge Gesundheitschecks und Hygienemaßnahmen wie Masken und Handschuhe. Realität: große Menschenmengen, die wie an einer Perlenkette aneinander gereiht eine Stunde ohne jeglichen Infektionsschutz vor dem Security-Check warteten. Keinerlei Gesundheitschecks oder Kontrollen. Im Bus und im Flugzeug war es nicht möglich, den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Dass am Frankfurter Flughafen wieder keine Kontrollen durchgeführt wurden, keine Atemmasken getragen wurden und man nicht einmal eine Empfehlung bekam, sich nach dem Flug um die halbe Welt vorsichtshalber in Isolation zu begeben, verwirrte mich sehr. Die Gefahr schien noch nicht allen Menschen bewusst zu sein, sich trotz vollkommenem Wohlbefinden mit dem Virus infiziert haben zu können und ein Ansteckungsrisiko für andere Menschen darzustellen. Ein Flughafen ist einer der risikoreichsten Orte für die Verbreitung des gefährlichen Virus. Hier sollten die Sicherheitsmaßnahmen am größten sein. Ich bat meine Eltern vorher, das Infektionsrisiko bei meiner Abholung möglichst gering zu halten: So wurde ich von meinem Vater in Frankfurt empfangen. Im Auto lag Wechselkleidung für mich und eine Tüte für die gebrauchte Kleidung, die ich auf dem Flug trug, bereit. Schließlich bestand ja die Möglichkeit, während des Fluges mit infizierten Personen in Kontakt gekommen zu sein.

Trotz all dieser schockierenden Erfahrungen war ich sehr erleichtert, nach der angespannten Reise in Ungewissheit endlich in meiner Heimat angekommen zu sein. Nur einen Tag später wurden alle Flüge unserer Fluggesellschaft gecancelt. Nie hätte ich gedacht, dass ich meinen einjährigen Freiwilligendienst, der mich persönlich bis hierhin sehr geprägt hat, auf diese Weise beenden muss… Obwohl mein Auslandsaufenthalt kürzer war als erwartet, bin ich sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich sammeln durfte.

Zurück in Deutschland: Hektik und Genauigkeit

Nachdem ich in Australien jeden Tag einen vollen Zeitplan hatte, jederzeit in Supermärkte, Restaurants und Shops gehen konnte, erlebte ich hier Geisterstädte, Lockdown und beängstigende Ruhe, was in Anbetracht der COVID-19-Situation der richtige Schritt ist. Jedoch fühlte sich das Wiedereinleben nochmal extremer an. Gern hätte ich meine Großeltern und Freunde wiedergesehen und wäre mit ihnen in ein Café gegangen. Das muss jedoch erstmal warten. Außerdem fiel mir auch der Unterschied der Mentalität der Menschen auf: beim Verlassen des Flugzeugs regten sich einige Menschen auf, die Passkontrolle würde zu lange dauern, sie würden ihren Zug verpassen oder es sei zu laut. Ich möchte hier niemanden verurteilen, aber die deutsche Genauigkeit und Hektik wurde mir hier wieder ins Gedächtnis gerufen. In Australien unterlag alles einer gewissen Ruhe und Gelassenheit, ein "easy-going"-Lifestyle. Das vermisste ich in diesem Moment. 

Meine Planungen nach dem Abschluss des Freiwilligendienstes musste ich leider direkt verwerfen: eine Reise nach Bali und Singapur oder ein Umzug fallen nun ins Wasser. Aber ich suche nach anderen Möglichkeiten, um auch diese Zeit sinnvoll zu nutzen.  

Du willst wissen, was Celina in den vorherigen Wochen und Monaten während ihres Freiwilligendienstes in Australien erlebt hat? Dann schau dir doch einfach auch die anderen Erfahrungsberichte von Celina an. Über all das, was Sie in Zukunft tun wird, kannst dich aber auch auf ihrem Instagram-Account oder über ihren Blog auf dem Laufenden halten.