Viel Glück
Restplatzvergabe von Studienplätzen
Über den roten Teppich flanieren und jede Menge Stars treffen – der Glamour der Kinowelt lädt zum Träumen ein. Tatsächlich bedeutet das Filmgeschäft harte Arbeit: Nur wenige Ausnahmetalente schaffen es bis nach Hollywood. Mit einem Filmstudium kann man seine Chancen aber deutlich erhöhen.
Zwölf Minuten soll die Dokumentation über ein deutsches Wrestling-Team dauern – ein kurzer Film, aber viel Arbeit für den Studenten Paul Andexel. "Das Projekt haben wir von der Pike auf entwickelt", erzählt der 25-jährige Berliner. "Mein Job ist der des Produktionsleiters." Paul studiert Film- und Fernsehproduktion an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam. "Man hat zwar auch Vorlesungen, zum Beispiel in Filmgeschichte, BWL oder Medientechnik. Einen großen Teil macht aber die praktische Arbeit aus", sagt Andexel. Neben der Dokumentation steht noch ein weiterer Film auf dem Plan, den er gemeinsam mit einem Regie-Studenten entwickelt. Außerdem macht Andexel bei der Organisation eines Filmfestivals mit und arbeitet freiberuflich in der Filmindustrie. "Dazu schaue ich jede Menge Filme, denn die kann man in der Bibliothek kostenlos ausleihen."
Andexel ist einer der wenigen Glücklichen, die einen Regie-Studienplatz ergattert haben. Nur sieben staatliche Filmhochschulen gibt es hierzulande: in Berlin, Potsdam, Dortmund, Hamburg, Ludwigsburg, München und Köln. Hinzu kommen einige private Anbieter, bei denen aber hohe Studiengebühren fällig werden.
Klassische Studiengänge sind Regie, Produktion und Drehbuch, aber auch Animation und Filmmusik gehören zum Studienangebot. Bei manchen Hochschulen kann man sich sofort auf ein bestimmtes Genre festlegen, andere ermöglichen ein fächerübergreifendes Studium. An der Filmakademie Baden-Württemberg kann man sich beispielsweise auf Werbefilm oder Dokumentarfilm spezialisieren. Dagegen setzt die Kunsthochschule für Medien (KHM) Köln mit dem Studiengang "Audiovisuelle Medien" auf die ganze Bandbreite filmischen Schaffens.
Der Andrang ist groß: "Jedes Jahr haben wir rund 500 Bewerber", sagt Gabriele von Schlieffen, Pressesprecherin der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Die Studienplätze sind aber begrenzt: In München erhalten nur 45 Bewerber einen Studienplatz. An den anderen Filmhochschulen sieht es ähnlich aus: Viel zu viele Bewerber treffen auf viel zu wenig Studienplätze.
Der Bewerberflut treten die Hochschulen mit einem mehrstufigen Aufnahmeverfahren entgegen. Die erste Hürde ist die Bewerbungsmappe. Sie soll Arbeitsproben, Zeugnisse und ein Motivationsschreiben enthalten. Außerdem müssen die Bewerber spezielle Aufgaben bearbeiten: Wer Regie studieren möchte, entwickelt ein Filmkonzept, wer Drehbuchautor werden will, legt eine Filmanalyse vor. Eine Prüfungskommission wählt die besten Bewerbungen aus. Dann geht das Verfahren in die zweite Runde: Die Studienanwärter müssen sich einem Eignungstest stellen.
"Bei mir begann es mit einer Klausur", erzählt Paul Andexel. "Wir mussten Fragen zu Themen wie Filmförderung oder dem Rundfunkstaatsvertrag beantworten." Außerdem wurde ihm ein Drehbuch vorgelegt: "Dafür sollte ich die Produktion planen und erklären, wie ich das Team aufbaue oder welche Drehzeiten ich ansetze." Nach der Klausur ging es in die mündliche Prüfung. Hier wurde die Bewerbung rekapituliert und die Motivation hinterfragt. "Außerdem wollten sie mich aus der Reserve locken", sagt der Filmstudent. "Plötzlich kam die Frage nach drei deutschen Komponisten des 19. Jahrhunderts – das hat mich total überrascht." Den Prüfern gehe es um die Reaktion des Studienanwärters: "Ich habe die Antwort total verhauen, konnte es aber mit Schlagfertigkeit wieder wettmachen", erzählt Andexel. Es gehe nicht immer darum, alles zu wissen, sondern darum, interessant und ehrlich zu sein.
Eine ganze Portion Ehrgeiz gehört allerdings auch dazu, um es bis vor die Prüfungskommission zu schaffen. Andexel arbeitete nach dem Abitur als Produktionsassistent, dann machte er eine Ausbildung zum Kaufmann für audiovisuelle Medien. Erst danach hatte er Erfolg mit seiner Bewerbung. "Ohne Praxiserfahrung geht es nicht", sagt auch Gabriele von Schlieffen. Sonst könne man die im Vorfeld gestellten Aufgaben nicht richtig bearbeiten. Außerdem helfe eine gute Portion Lebenserfahrung, denn Filmemacher müssten Geschichten erzählen können. Von Schlieffen empfiehlt Praktika und Auslandsaufenthalte: "Machen Sie sich interessant!" Von dem hohen Bewerberaufkommen solle man sich nicht abschrecken lassen. "Wer Talent hat, wird es schaffen", so die Überzeugung der Expertin. Das Studium hält sie für genau den richtigen Einstieg ins Filmgeschäft. "Filmhochschulen vermitteln nicht nur Praxiswissen – sie bieten auch Kontakte zu Geldgebern und Produzenten", so von Schlieffen.
Eine der Erfolgsgeschichten des letzten Jahres ist die von Reto Caffi: Von 2004 bis 2007 studierte er an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Mit seinem Abschlussfilm "Auf der Strecke" gewann er 2008 den Oscar für den besten ausländischen Studentenfilm. In diesem Jahr war der Film erneut nominiert – diesmal in der Kategorie bester Kurzfilm. "Leidenschaft und Ausdauer machen einen guten Filmemacher aus", sagt Reto Caffi. Sein Erfolgsrezept: "Ich versuche immer, Filme zu machen, für die ich selbst ins Kino gehen würde." Abiturienten sollten sich nicht verunsichern lassen: "No risk, no fun" lautet das Credo des Erfolgsregisseurs. Er selbst ging allerdings erst mit 34 Jahren an die Filmhochschule: Zuvor hatte er ein literaturwissenschaftliches Studium absolviert und als Journalist und Regisseur gearbeitet. Lebens- und Praxiserfahrung brachte Caffi also mit.
"In der Filmbranche Fuß zu fassen, ist unglaublich schwer", sagt Andreas Menn. Er hat ebenfalls an der Kunsthochschule für Medien studiert, seit mehreren Jahren arbeitet er als Film-Editor. Zuletzt war er am Schnitt des Kinofilms "Krabat" beteiligt. "Es gibt so viele Regisseure, die einfach keinen Fuß in die Tür kriegen", sagt Menn. Deshalb sollte große Berühmtheit nicht das Ziel des Studiums sein. Ein Erfolg wie der von Reto Caffi sei eher die Ausnahme, nicht die Regel. "Der Wunsch, sich künstlerisch auszudrücken, spielte bei mir die größte Rolle", erzählt Menn. "Während des Studiums habe ich dann gemerkt, dass Filmschnitt genau mein Ding ist – und dieses Talent habe ich konsequent ausgebaut." Ein solches Vorgehen rät er auch angehenden Filmstudenten: "Es hilft, sich von anderen zu unterscheiden", sagt Menn.
Wer schon früh eine eigene Handschrift zeige, sei im Vorteil. Eines ist klar: Nur wer sich ernsthaft mit dem Thema Film und Fernsehen auseinandergesetzt hat und eine große Willenstärke mitbringt, hat die Chance, sich in Aufnahmeprüfung und Studium durchzusetzen. Praktika oder eine Ausbildung im Medienbereich steigern die Chancen. Und wenn es nicht klappt, ist das kein Grund, aufzugeben: Viele Filmemacher starten als Quereinsteiger in der Branche durch. Bestes Beispiel ist Jochen Alexander Freidank: Er scheiterte fünfmal an diversen Aufnahmeprüfungen. Dann nahm er sein Glück selbst in die Hand und gründete seine eigene Produktionsfirma. Mut und Tatendrang wurden belohnt: 2009 gewann Freydank den Oscar für den besten Kurzfilm.
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